Verein aus Schalke bittet Heimkinder zu Tisch
Der Türkisch Deutsche Hilfsverein hat zum vierten Mal Kindes des Heim St. Josef eingeladen. Von Silke Sobotta
Pünktlich um 12.30 Uhr trafen am Sonntag im Pfarrsaal der ehemaligen Gemeinde St. Georg an der Franz-Bielefeld-Straße 42 Frauen mit Kochtöpfen, großen Tüten, Tabletts und mehr ein und machten sich an ihre selbst gestellte Aufgabe: Die Bewirtung von rund 80 Kindern aus den Einrichtungen des Kinderheims St. Josef in Gelsenkirchen.
“Futtern wie bei Muttern”
Die Aktion wurde inzwischen zum vierten Mal durchgeführt und soll den Kindern das Warten auf das Weihnachtsfest mit einem leckeren Essen und einer Nikolaustüte versüßen. Denn die Kinder aus der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Josef können hier einmal wie man so schön sagt „futtern wie bei Muttern“, nur dass es sich hier vornehmlich um türkisch-stämmige „Mütter“ handelt.
Die Frauen um die Vorsitzende Necmiye Öztürk haben es sich auf die Fahne geschrieben, die Kinder und Jugendlichen einmal im Jahr aus ihrem Trott zu holen und ihnen freundlich und mit Wertschätzung zu begegnen. Dazu gehört für die Frauen eben auch ein gutes Essen und davon gab es mehr als genug.
Und auch wenn der ein oder andere zunächst mit den türkischen Gerichten ein wenig haderte, so brachte der erste Versuch meist einen Nachschlag mit sich und es gab Kinder, die konnte man beobachten, wie sie immer wieder zum meterlangen Buffet schlenderten und etwas neues oder auch bereits bewährtes auf ihre Teller packten. Zu schaffen waren die Mengen von Speisen jedenfalls nicht von den 80 Gästen. Die Mütter hatten es mehr als nur gut gemeint.
Am Ende gab es für jedes Kind noch eine Tüte mit Obst und Süßigkeiten, die ebenso wie die Getränke von türkisch-stämmigen Lebensmittelhändlern gesponsert worden waren.
Während Necmiye Öztürk als Vorsitzende das „Zepter in der Hand hat“, ist Hürriyet Yılmaz für die Umsetzung der Ideen zuständig. Damit hat die Awo-Mitarbeiterin aber kein Problem, ihre berufliche Tätigkeit fordert ebenso ihr Organisationstalent, das sie für den Verein ehrenamtlich einbringt.
„Der Türkisch Deutsche Hilfsverein mit Sitz am Meraner Weg 4 besteht vornehmlich aus Frauen und diese sind meist berufstätig. Aber wir zählen auch drei Männer in unseren Reihen, die dann für die Sachen zuständig sind, bei denen man tatkräftig anpacken muss“, schildert Hürriyet Yılmaz.
Immer am ersten Sonntag im Monat bittet der Verein auch Außenstehende und Interessierte ab 10.30 Uhr in seine Räume zu einem internationalen Frühstück. Und man kann davon ausgehen, dass auch bei diesen Gelegenheiten niemand den Tisch verlässt ohne satt geworden zu sein.
„Die Frauen sind inzwischen ein sehr eingespieltes Team und achten darauf, dass auch immer jüngere Frauen dazu kommen, die dann angeleitet werden, damit die Tradition auch fortgeführt werden kann“, berichtet Frau Yilmaz.
Und Erfahrungen konnten die Frauen unter anderem in den letzten Jahren bei der Weihnachtseinladung für die Heimkinder machen, denn im letzten Jahr zählten sie 104 Gäste zu ihrem Buffet. „Das Highlight ist für die Kinder aber immer am Ende die Tüte, die sie dann mitnehmen können. Und auch wenn man sie beobachtet, erkennt man an ihrer Körperhaltung wie sehr sie sich freuen und wie dankbar sie sind“, freut sich die Organisatorin.
Verschiedene Spendenaktionen
Das Weihnachtsessen ist aber nur eine Aktion von vielen, die die Frauen im Jahr stemmen. Gemeinsam mit der Awo wird auch alljährlich ein großes Iftar-Essen veranstaltet, es gibt eine Art Spendengala, deren Erlös Schülern in der Türkei, aber auch Austauschschülern und anderen jungen Leuten zugute kommt, und der Verein ist auch jedes Jahr einen Tag lang in der Vereinshütte auf dem Gelsenkirchener Weihnachtsmarkt vertreten und bietet seine selbsterstellten Produkte an.
Und auch wenn die Vorsitzende seit einem Jahr gesundheitlich eingeschränkt und eigentlich auf Krücken angewiesen ist, lässt sie es sich nicht nehmen, „ihre“ Aktionen durchzuführen. Necmiye Öztürk hat selbst zwei Kinder und zwei Enkelkinder und durch das Vorbild ihrer Mutter sind auch diese bereits ehrenamtlich sozial aktiv.
Als alles angerichtet, die Tüten gepackt und die Tische gedeckt waren, kam es ein wenig vor wie das Warten auf Christkind, ehe die Kinder und Jugendlichen aus den verschiedenen Einrichtung von St. Josef eintrafen. Es war erstaunlich wie ruhig und besonnen sich die jungen Menschen zu den Tischen und später auch an das Buffet begaben. Nichts von der berühmten „heißen Schlacht am kalten Buffet“, sondern vielmehr ruhiges anstellen und geduldiges Warten bis man an die Reihe kommt.
12 jugendliche Flüchtlinge sind dabei
Ein ganz besonderer Tag war es am Ende für den kleinen Patrick (Name geändert), als der jüngste Gast erhielt er einen großen und kuscheligen Polizeiteddy. Für alle jüngeren war das Highlight sicherlich der Besuch der Clownfrau Mickey, die mit lustigen Tanzspielen für Unterhaltung und Spaß sorgte. Unter den Gästen befanden sich auch zwölf unbegleitete jugendliche Flüchtlinge.
Der kommissarische Leiter der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Josef Matthias Hommel dankte den Frauen für ihre Mühen und freute sich, dass die Einladung auch im vierten Jahr ausgesprochen werden konnte.
Einige der jungen Leute waren zum ersten Mal bei der Veranstaltung, andere sogar schon zum vierten Mal. Doch für alle stand fest, wenn sie im nächsten Jahr gefragt werden, wollen sie auf jeden Fall wiederkommen.
Silke Sobotta/ Gelsenkirchen