Marsch durch die Institutionen
Zum diesjährigen Jahresempfang lud die TD-Plattform in das Auswärtige Amt in Berlin ein. Unter den Gästen waren Bundestagsabgeordnete, Diplomaten, Organisationsvertreter, Kooperationspartner und Mitglieder der TD-Plattform anwesend.
Erstmalig hat eine von Migranten geführte zivilgesellschaftliche Organisation in einem Bundesministerium zum Jahresempfang mit dem Ziel eingeladen, auf die beruflichen Perspektiven im diplomatischen Dienst unter Migranten aufmerksam zu machen und die institutionelle Öffnung des Auswärtigen Amtes zu begleiten.
In seinem Grußwort gestand Staatsminister im Auswärtigen Amt Michael Roth selbstkritisch ein, „dass es eines der größten Versäumnisse unserer Nachkriegsgeschichte war, damals weder auf Sprachkurse, Migrationsberatung noch auf eine vorausschauende Integrationspolitik gesetzt zu haben“. Migration verändere sowohl die Aufnahme- als auch die zugewanderte Gesellschaft, die als Chance und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden müsse. „Viele Brücken verbinden unsere beiden Länder“, so Roth. Man werde gerade auch wegen der Flüchtlingsfrage mit der Türkei weiterhin politisch im Gespräche bleiben und regelmäßige Regierungskonsultationen führen. Die Türkei müsse ein fester Teil der Europäischen Union sein. In der TD-Plattform haben sich junge türkischstämmige Akademiker und Studierende versammelt, die durch die Förderung der Talente nicht nur Dienst an der Gesellschaft leisten, sondern stelle auch die Wünsche und Ziele der Einzelnen in den Mittelpunk.
Ein Paradigmenwechsel ist notwendig
„Nur nach einer Generation der Arbeitsmigration laden ihre Nachkommen in Akademikerorganisationen zum Jahresempfang im Auswärtigen Amt ein. Diese Entwicklung sucht international seinesgleichen und muss honoriert werden“, so TD-Plattform Präsident Caner Aver in seiner Rede. Mit ihrer Bindestrich-Identität seien Einwanderer nun Akteure des gesellschaftlichen Wandels. Ein Paradigmenwechsel sei notwendig, um Vielfalt als Normalität zu verstehen und Chancengleichheit beim Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen herzustellen. Es müsse zugleich wieder Vertrauen durch die Politik unter neuen Wählergruppen hergestellt werden, das besonders durch das NSU Verfahren und den unzähligen rechtsradikalen Anschlägen gelitten habe. Migrantenorganisationen haben zugleich die Pflicht, Verantwortung in diesem Wandel und auch in der Flüchtlingsbetreuung zu übernehmen. Als größte zivilgesellschaftliche Institutionen werde man dieses Paradigma beim Marsch durch die Institutionen immer wieder einfordern, so Aver weiter.
Offen und auf Augenhöhe
Der Botschafter der Republik Türkei Hüseyin Avni Karslıoğlu unterstrich in seiner Rede die Bedeutung von Vereinen wie die TD-Plattform. Es sei wichtig, dass die Zivilgesellschaft stärker und in den Institutionen gleichberechtigt vertreten werde. In den bilateralen Beziehungen müsse man auch über unangenehme und schwierige Fragen offen und auf Augenhöhe sprechen. In der Flüchtlingsfrage übernimmt die Türkei große humanitäre Verantwortung schon seit fünf Jahren. „Sie sind Menschen und keine Zahlen. Sie haben Hoffnungen, Emotionen, Kinder, Eltern und Ehepartner“ so Karsıoğlu.
Mehr Bewerbungen von Migranten
Im Kurzbeitrag über berufliche Perspektiven im diplomatischen Dienst durch Kai Baldow, Leiter der Ausbildungsakademie Höherer Dienst Die institutionelle Öffnung des Auswärtigen Amtes habe u.a. das Ziel, die bunte deutsche Gesellschaft im Ausland zu vertreten. Sie haben soziale, kulturelle und sprachliche Kompetenzen, die wir im Auswärtigen Amt brauchen. Deshalb wünsche man mehr Bewerbungen von Migranten, so Baldow.
Abgerundet wurde der Abend mit Gästen durch einen Beitrag durch die junge Musikgruppe mavi makam und anschließendem Buffetempfang, auf dem sich Interessierte in bilateralen Gesprächen über den diplomatischen Dienst Informationen eingeholt und ihre Netzwerke erweitert haben, um neue Arbeitsmarktoptionen kennenzulernen.
Link zur türkischen Version: Aver:Paradigma degisimi gerekli
Berlin/ Muhabirce