Die Migrationsgeschichte aus der Türkei
Die Arbeitsgruppe Türkisch der Fachschaft der Geisteswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen organisierte ein Seminar zur türkischen Migrationsgeschichte und stieß auf reges Interesse der Studierenden.
Die Migrationsgeschichte aus der Türkei nach Deutschland fängt offiziell mit dem Anwerbeabkommen beider Länder im Jahre 1961 an und setzt sich verstärkt in den 70´er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit dem Zuzug von Familien der ersten „Gastarbeitergeneration“ und politisch verfolgten Personen fort. Tatsächlich ist aber die Geschichte der beidseitigen Migration und der bilateralen Beziehungen beider Länder älter. Der Vortrag von Dr. Ahmet Ünalan (Universität Duisburg-Essen), der die Rahmenbedingungen der Arbeitsmigration – der Landflucht aus der türkischen Peripherie -, der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und der Türkei ab den 1960´er Jahren und die Folgen thematisierte, wurde begleitet von der Präsentation der Dokumentation „Gleis 11“ über die persönlichen Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen der ersten „Gastarbeitergeneration“ von Çağdaş Yüksel (Regisseur).
Dr. Ahmet Ünalan sehr anschaulich die sozioökonomischen Rahmenbedingungen der 60´er Jahre des 20. Jahrhunderts und verdeutliche anhand von Archiv-, Bild- und Videomaterial welche Transformationsprozesse Deutschland und die türkische Gesellschaft in Deutschland gemacht haben. Dr. Ünalan stellte dabei fest, dass die Migrationsgeschichte häufig beidseitig als traumatisch und defizitbelastet wahrgenommen wird. Tatsächlich überwiegen aber individuellen und kollektive Erfolgsgeschichten. Dr. Ünalan unterstrich, dass in Zeiten der wirtschaftlichen Rezession und dem scheinbar unsicheren und chaotischen gesellschaftlichen Wandelungsprozessen Marginalisierungstendenzen von Minoritäten zu beobachten seien. Diese führte bereits in den 70´er bis 90´er Jahren zu latent fremdenfeindlichen Diskursen und bot Nährboden für Ausgrenzungsmomente und auch – wie in Solingen 1993 geschehen- zu menschenverachtenden rassistischen Übergriffen.
Dr. Ahmet Ünalan appellierte an die türkischstämmigen Studierenden und bat die Zeitzeugenerfahrungen der Migrantinnen und Migranten der ersten Stunde festzuhalten. Schließlich sei dies ein Teil der gemeinsamen Geschichte. Gerade die Teilhabe und gesellschaftliche Integration sei wichtig und ausschlaggebend. Cagdas Yüksel hob hervor, dass jenseits von wissenschaftlichen Erklärungsansätzen, die persönlichen Geschichten von Migrantinnen und Migranten eine Tiefe bieten und wichtig seien. Der Abend endete mit persönlichen Einschätzungen und Erfahrungen der Studierenden aus der Migrationsgeschichte.
Muhabirce/ESSEN